"Greentech wird größer als das Internet"

Das ökonomische Potential für “grüne Technologie” ist ein größerer Markt als das gesamte Internet. Das behauptet nicht irgendwer, das sagt John Doerr, einer der einflussreichsten Venture-Kapitalisten der Welt. Er brachte Google an die Börse und war für die Finanzierung von Unternehmen wie Amazon.com, Symantec und Compaq verantwortlich. Die größte Sorge des zweifachen Vaters und Milliardärs ist die drohende Klimakatstrophe. Um die Welt zu retten, muss aus dem Klimaschutz ein profitables Geschäft werden, will er die US-Wirtschaft überzeugen.

“Ich habe wirklich Angst“, beginnt John Doerr seine ungewöhnlich emotionale Rede vor illustrem Publikum, “Angst, dass wir es nicht schaffen werden“. John Doerrs Stimme ist angespannt, sein Blick angestrengt. Man merkt, dass es ihm ernst ist, wenn er von der drohenden Klimakastrophe spricht. Doerr referiert vor der Elite amerikanischer Politik und Wirtschaft auf der TED-Talk-Konferenz in Kalifornien. Die Inhalte dieser Konferenz stehen seit 2007 erstmals für alle öffentlich im Netz.

Bei dem im Silicon Valley beheimateten Venture-Capitalist-Unternehmen Kleiner Perkins Caufield & Byers (KPCB) arbeitet John Doerr unter anderem mit Al Gore und Colin Powell zusammen. Insbesondere Al Gore hat ihn tief beeindruckt. “The Next big Thing“, glaubt der Internet-Pionier genau wie der ehemalige US-Präsidentschaftskandidat, ist Greentech.

Der noch relative junge Begriff beschreibt Technologien, die dazu dienen, die Umwelt zu schonen und den Co²-Ausstoß zu verringern. “Es könnte die größte wirtschaftliche Chance des 21. Jahrhunderts sein“, beschwört Doerr die Anwesenden.

Viele Beispiele zählt er im Folgenden auf, wie Konzerne und Regierungen sinnvolle Maßnahmen zu Klimaschutz ergriffen haben. So berichtet er beispielsweise von der “Ethanol-Revolution” in Brasilien. Seit einiger Zeit gibt es dort ein Gesetz, das jeder Tankstelle im Land vorschreibt, eine Zapfsäule mit Alkohol als zusätzliches Angebot zu herkömlichen Kraftstoff anzubieten. Ein Konzept, mit dem das Henne-Ei-Dilemma bei alternativen Kraftstoffen erfolgreich überwunden wurde.

Doch all das reicht seiner Ansicht nach nicht, um die Klimakatastrophe wirklich abzuwenden. Die Politik alleine kann das Problem seiner Einschätzung nach nicht lösen. Um der Klimkastrophe zu entgehen, glaubt er daher, muss Greentech einer der wichtigsten Märkte des angebrochenen Jahrhunderts werden.

Grüne Technologie hilft an vielen Stellen bereits heute Unternehmen, profitabler zu werden. So will Wall-Mart in wenigen Jahren durch einfache technische Maßnahmen 20 bis 30 Prozent der Energiekosten einsparen. “Wir müssen aus dem Klimaschutz ein Geschäft machen” appelliert Doerr an seine Kollegen aus der Wirtschaft, “so dass jeder Mensch und jede Nation, die richtige, die profitabelste und damit gleichzeitig die energieeffizienteste Entscheidung trifft“. “Energie ist ein Sechs-Billionen-Dollar-Geschäft weltweit, es ist die Mutter aller Märkte“, will Doerr die Wirtschaftselite überzeugen.

Wie dieser Markt künftig aussehen könnte, verdeutlicht er an einem aktuellen Beispiel: Ein von der Gates-Stiftung unterstütztes Projekt zur preiswerteren Herstellung von Malaria-Mitteln für Entwicklungsländer nutzt Biotechnologie dazu, Bakterien so zu manipulieren, dass sie als kleine “Chemiefabriken” genutzt werden können. Die Herstellung der Malaria-Medikamente reduziert sich so von 2 Dollar pro Präperat auf etwa 25 Cent. Mit diesem Verfahren können laut Doerr jedes Jahre eine Millionen Menschenleben gerettet werden. Dieselbe Biotechnologie könne auch genutzt werden, um in Zukunft verbesserte Biokraftstoffe herzustellen, führt er aus. In das Biotechnologie-Unternehmen Amyris hat er selbstverstänlich schon investiert.

An die Firmenlenker appelliert Doerr eindringlich: “Nutzen Sie Ihren Einfluss, die Gesetzgebung zu verändern und Ihr Unternehmen, Ihre Institution grüner zu machen!“. Die Rolle des eigenen Unternehmens sieht er in der Finanzierung von Greentech-Projekten: “Die beste Art, die Zukunft vorherzusagen, ist sie zu erfinden” sagt er und fügt augenzwinkernd hinzu: “Die zweitbeste besteht darin, sie zu finanzieren.” KPCB hat sich entschieden insgesamt 200 Millionen US-Dollar in die Erforschug “grüner Technologien” zu investieren.

Links

• John Doerrs Profil bei TED
• John Doerr: Seeking salvation and profit in greentech (Video)
• John Doerr bei KPCB
• Wikipedia: Environmental technology

Update vom 9. April 2009: Handelsblatt.com: Warum Bill Gates auf Algenspritz setzt

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